Interview: FPÖ Vize-Bezirksvorsteher Karl Mareda im Angriffsmodus über den SP-Bezirksvorsteher & seine Verkehrsideen mit der Zeitung DFZ/Hannes Neumayer
DFZ: Vor eineinhalb Jahren waren Sie virtuell Bezirksvorsteher für einen Tag, bevor das Ergebnis durch die Wahlkarten noch zu Gunsten der SPÖ umgedreht wurde. Noch Wehmut?
Karl Mareda: „Ich habe keine Phantomschmerzen. Da war am Wahlabend Freude über das tolle Ergebnis und auch das Bewusstsein, welche Arbeit auf uns zukommt. Ganz ehrlich: Ich hatte in der Arbeit schon meinen Spind aufgeräumt, um jederzeit den Job des Bezirksvorstehers antreten zu können. Letztlich habe ich Georg Papai am Montag Abend per SMS zum Sieg gratuliert. Wie der Sieg zustande gekommen ist, ist ein anderer Kaffee …“
Viele sagen: Wäre nicht ‘Wir für Floridsdorf’ mit Hans Jörg Schimanek angetreten, hätte die FPÖ den Bezirk ‘geholt’.
„Das stimmt. Und das ist die bittere Pille, die wir schlucken müssen. Das WIFF fischt in unserem Teich. Schade: Denn, dass man auch als einzelner FPÖ-Bezirksvorsteher gegen ein rotes Rathaus was weiterbringen kann, zeigt Pauli Stadler in Simmering. Sollte das WIFF 2020 nicht antreten, gibt es gute Chancen, dann den Bezirksvorsteher für die FPÖ zu holen.“
Was hätte ein Bezirksvorsteher Mareda in den eineinhalb Jahren seit der Wahl anders gemacht als Georg Papai (SPÖ)?
„Als allererstes hätte ich diese politische Ausgrenzung abgeschafft. Denn derzeit wird die Opposition außen vor gehalten. Ich hätte alle Parteien die das wollten, eingeladen, mit der FPÖ gemeinsam zu arbeiten. Ich hätte auch Verantwortung und Kompetenzen abgegeben. Zum Beispiel Kommissionen, Arbeitsgruppen und Ausschüsse müssen nicht immer nur, wie derzeit, alle von einer Partei geleitet werden. Warum soll die Arbeitsgruppe Schlingermarkt nicht von jemand mit Wirtschaftskompetenz wie Erol Holawatsch von der ÖVP geleitet werden.
Ich bin ja als Bezirksvorsteher nicht für die eigene Partei hier, sondern für die Bürger. Georg Papai betreibt leider ausschließlich Politik für die SPÖ. Die Sorgen und Ängste der Bürger sind ihm ziemlich egal! Er ist ein Parteisoldat. Seine linke Ideologie steht im Vordergrund. Für uns in der FPÖ ist wichtig: Österreicher zuerst. Und wenn es uns gut geht, dann kann es gerne dem Rest der Welt auch gut gehen.“
Erstes Aufregerthema in dieser Bezirksvertretungsperiode waren Anfang 2016 die Flüchtlingsunterkünfte in Floridsdorf. Nachträglich betrachtet: Viel Lärm um Nichts?
„Nein – ganz im Gegenteil! Wenn wir Freiheitliche nicht so stark aufgetreten wären – wer weiß, wo wir heute stehen würden. Man sieht im 20. Bezirk, was passiert, wenn die Politik zu lange zu ruhig war und zusieht. Durch unser Engagement müssen sich Vereine wie ATIB nach Strich und Faden an unsere Regeln halten. Erst durch unseren Einsatz wurden, zum Beispiel in der Siemensstraße, strenge Kontrollen durchgeführt.“
Was sind aus FPÖ-Sicht aktuell die großen Themen im 21. Bezirk?
„Wohnbau, Verkehr, Umwelt und Sicherheit. Die Errichtung von Wohnbauten am Gelände des Gaswerks Leopoldau verbindet die ersten drei Themen: Das ist aus unserer Sicht Wohnen auf einer Sondermülldeponie. Unfassbar, wie Rot und Grün hier zusehen. Wenn dort Wohnbau passiert, muss die Industriebrache vorab saniert werden.“
Wird in Floridsdorf zu viel gebaut?
„Ich weiß nicht, ob wirklich diese Menge an Wohnraum, die immer propagiert wird, tatsächlich gebraucht wird. Ich verstehe, wenn Menschen in der Stadt größere Wohnungen haben wollen. Aber es stehen auch sehr viele Wohnungen leer. Es müsste mehr Lückenschlüsse und Dachausbauten geben. Wir wohnen hier in Floridsdorf im Grünen: Und wenn wir die ganzen Projekte wie Donaufeld, Heeresspital, ROIGK-Gründe durchziehen – kein Projekt hat unter 1000 Wohnungen – wird irgendwann auch Floridsdorf der Grünraum ausgehen! Dann ist es wie in der Stadt und wir müssen aus dem Bezirk raus fahren, um im Grünen zu sein.“
In Kürze beginnt auch die Bebauung des Donaufelds mit circa 6.000 Wohnungen. Befürwortet die FPÖ das Projekt?
„Das Donaufeld mit 6000 Wohnungen ist für mich ein No-Go. Eine Fehlplanung ersten Ranges. Die Infrastruktur hängt komplett hinten nach. Da stimmen wir sicher nicht zu. Das für Stadtplanung zuständige Büro von Maria Vassilakou bekommt es einfach nicht auf die Reihe, Wohnbau zu schaffen und im Vorfeld auch die Infrastruktur. In den 60er-Jahren, als die Großfeldsiedlung auf die grüne Wiese gebaut wurde, haben wir auch gelitten, nur einen Autobus zu haben und hinten die Schnellbahn – sonst nichts. Man lernt nicht aus den Fehlern der Vergangenheit.“
Ist es ein Mythos, dass Floridsdorfer sich wie Stiefkinder in Wien fühlen?
„Gar kein Mythos! Vollste Realität zu 100 Prozent.“
Ihre Erklärung?
„Weil unser Bezirksvorsteher sich im Rathaus ganz ganz schlecht verkauft. Er ist ein Bittsteller im Rathaus. Dabei ist unser Bezirk so groß wie vier Innenstadtbezirke. Mein Vorbild wäre Margaret Thatcher.“ Sie üben intensive Kritik am Bezirksvorsteher. Macht Georg Papai aus Ihrer Sicht auch was richtig? „Mir fällt nichts Positives ein, von dem der Bezirk einen Mehrwert hätte.“
Wie kann der Bahnhof Floridsdorf sicherer und attraktiver gestaltet werden?
Am Wichtigsten wäre eine eigene Polizeiinspektion im Bahnhof. Das würde das objektive und subjektive Sicherheitsgefühl heben. Es könnte bessere Beleuchtung geben und ich könnte mir Panikräume vorstellen. Und die vielen Märkte am Bahnhof dauern viel zu lange, wenn der Weihnachtsmarkt schon fast in den Ostermarkt übergeht. Und das Warenangebot ist auch nicht ideal. Da ist viel Luft nach oben!“
Ein Dauerthema ist der Schlingermarkt.
„Unser Vorschlag wäre, dass die Stadt Wien alle Stände, die zum Verkauf angeboten werden, aufkauft. Dann könnte man den Markt generalsanieren und vermieten. Und diese Stände sind ja um vergleichsweise günstige 20.000 bis 40.000 Euro zu haben. Wenn die Stadt Wien Millionen für das Einfärbeln von Radwegen ausgibt, hätte man den ganzen Schlingermarkt rasch gekauft.“
SPÖ-Klubobmann Herzog sagt: ‚Die FPÖ beteiligt sich nicht an der Arbeitsgruppe Schlingermarkt’. Warum nicht?
„Weil es der SPÖ nicht Ernst ist. Das sind ja nur Lippenbekenntnisse. In den letzten Jahren haben wir sehr viele Vorschläge eingebracht. Die wurden alle negiert. Die SPÖ muss halt alles vier, fünf Mal hören und sie wollen gerne gebeten werden. Aber der Pfarrer predigt auch nur einmal!“
Thema Verkehr – Verbesserungs- vorschläge der FPÖ?
Wien wächst, Floridsdorf wächst. Aber Verkehrsflächen für fließenden, wie ruhenden Verkehr, werden immer mehr minimiert: der Rückbau Leopoldauer Straße, der Schwachsinn auf der Brünner Straße beim Krankenhaus Nord mit den eineinhalb Spuren oder der Plan auf der Prager Straße, bei der Stadtgrenze zwei Spuren komplett zu sperren. Wenn die Bevölkerung wachsen soll, kann ich nicht die Verkehrsflächen reduzieren. Derzeit erleben wir ein bewusst herbeigeführtes Verkehrschaos. Und die Grünen freuen sich, wenn Chaos herrscht. Man will die Leute zwingen, nicht mehr mit dem Auto zu fahren. Dabei geht das in Floridsdorf gar nicht. Andere bekommen eine U-Bahn, bevor noch eine Wohnung steht. Natürlich braucht es eine U6-Verlängerung. Für die Querverbindungen von Strebersdorf über Stammersdorf nach Leopoldau könnte man einen Cabel-Liner aufstellen. Denn derzeit braucht man von Stammersdorf länger nach Leopoldau als in den 14. Bezirk.“
Gibt es FPÖ-Ideen zur Aufwertung des Bezirkszentrums rund um den ‘Spitz‘?
„Unser Konzept ist eine Fußgängerzone vor dem Amtshaus. Dann könnten wir den Bereich mit Schanigärten und Raum für Künstler gestalten. Begegnungszone gibt es mit der FPÖ nicht.“
Ein Thema im Bezirkszentrum ist das Geschäftesterben.
„Der ganze ‘Spitz‘ wirkt verwahrlost. So lockt man auch keine neuen Geschäfte an – außer 1-Euro-Shops. Die Fußgängerzone wäre ein erster Ansatz.“
Was wären Ihre ersten drei Maßnahmen als Bezirksvorsteher?
„Ich würde alle anderen Parteien mit ins Boot holen. Ich würde an die Lebensqualität der Menschen denken, die schon 30 Jahre hier sind und den Bezirk mitaufgebaut haben. Dass sie zum Beispiel nicht so stark unter Sockelsanierungen und Neubauten leiden. Und als Allererstes würde ich ins Rathaus fahren und ordentlich auf den Tisch hauen!“
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